Review: Rendueles, César, Kanaillen-Kapitalismus - Eine literarische Reise durch die Geschichte der freien Marktwirtschaft

Abstract

César Rendueles, Soziologe und politisch engagierter Autor gesellschaftskritischer Schriften, stellt in dem 2015 auf Spanisch veröffentlichten Band literarische Auseinandersetzungen mit ökonomischen Verhältnissen in historische und aktuelle Kontexte und verbindet sie mit autobiographischen Skizzen zu einer bewusst subjektiven, schlaglichtartigen und durchgängig kritischen Geschichte des Kapitalismus. Als Ziel des Buches formuliert er die Befreiung von einer »lähmenden Unterwürfigkeit« (15), die er als allgemein verbreitete Anpassung an die herrschenden Verhältnisse begreift. Durch eine Erinnerung an gegenläufige »Spuren realer Prozesse« (15), die etwa in Fiktionen zu finden seien, soll diese erschüttert werden. Im Fokus von Rendueles’ Perspektive auf die Ökonomie stehen neben der Ideologie der freien Marktwirtschaft Prozesse der ursprünglichen Akkumulation, die globale Entwicklung von Arbeits- und Ausbeutungsverhältnissen wie auch revolutionäre Gegenbewegungen und die Feststellung einer »Sozioporose« (189), der Zerstörung sozialer Zusammenhänge. Ein assoziativer Schreibstil, reich an Metaphern und Anekdoten, die oft ein Beispiel mit einem weiteren Beispiel erläutern, führt einerseits zu Momenten der überraschenden Erkenntnis, andererseits aber fehlt bisweilen analytische Schärfe und eine deutliche Formulierung der grundlegenden Thesen, so dass entscheidende Fragen offen bleiben.